Illegitimi non carborundum
Das klingt wie die Weisheit eines römischen Philosophen oder Juristen. Allerdings stammt dieser Spruch weder von einem römischen Gelehrten, noch aus der Antike, er ist noch nicht einmal 100 Jahre alt ...
Illegitimi non carborundum oder auch illegitimis non carborundum stammt frühestens aus der Zeit der großen Depression, um 1929, oder aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Genau lässt es sich nicht mehr feststellen.
Als gesichert gilt, dass dieser Spruch mit Beginn des Zweiten Weltkrieges beim britischen Geheimdienst verwendet wurde und von dort seinen Weg zu den britischen Streitkräften fand. Populär wurde er, als der US-General Stilwel ihn als Motto für seine Offensivpläne ver-wendete.
Don’t let the bastards grind you down
... oder „Lass dich von den Dreckskerlen nicht kleinkriegen“ lautet die freie Übersetzung. Das gute an diesem Sinnspruch ist, egal, auf welcher Seite man steht, er lässt sich gegen die „Anderen“ immer anwenden.
Die Bedeutung
Kurz gesagt: mit Carborundum ist Karborund gemeint, ein Schleifmittel. Frei übersetzt ist es als „Schleifen“ oder „Kleinkriegen“ zu verstehen; Illegitimi steht für illegal oder gesetzlos.
Insbesondere im englisch-amerikanischen Raum findet der Satz in Variationen bis in die Gegenwart Verwendung. Sei es auf der Krawatte eines Politikers, als Metallschild in einem Büro des Weißen Hauses, in der Musik oder in der Literatur.
Die Bildserie
Ich habe den Spruch unter einer der Isarbrücken in München entdeckt. Damals wohnte ich noch in unmittelbarer Nähe der „Wies’n“ und ging, lief oder radelte mehrmals die Woche an der Isar entlang, die nur einen kurzen Fußmarsch entfernt lag.
Es gibt mehrere Brücken über die Isar, die den reibungslosen Verkehrsfluss gewährleisten. An der Isar entlang führen Spazier- und Radlerwege, die zum Verweilen einladen.
Aufgesprayt an einem Brückenpfeiler hatte sich ein Sprayer mit diesem Spruch dort verewigt.
Die Brückenpfeiler werden von Sprayern immer wieder fantasievoll mit Bildern und Wortbildern besprayt.
2008 nahm die Finanzkrise Fahrt auf und 2010 hatte sie richtig Schwung bekommen. Vielleicht dachte der Sprayer, es gäbe eine gewisse Nähe zu 1929?
Ich fand damals, dass die klaren Linien der Brückenunterseite zusammen mit dem Spruch ein Ölbild wert seien.
Von der Idee zum fertigen Bild
War ein Mal-Zyklus abgeschlossen, dachte ich, jetzt ist das Bild fertig. Aber mit einigem zeitlichen Abstand entdeckte ich immer wieder Bildteile, die unstimmig waren. Über einen Zeitraum von circa zwei Jahren habe ich es mehrmals überarbeitet.
Chiaroscuro
oder wie viele Sterne hat der Himmel?
Chiaroscuro - Valor-, Licht und Schatten-, auch/oder Hell-Dunkel-Malerei genannt. Mehr über Chiaroscuro erfährst du auf meinem Blogartikel, klicke hier.
Während der Arbeit am Bild und der perspektivischen Umsetzung lag es schnell auf der Hand, dass ich dem Bild mit Licht und Schatten eine lebendige Stimmung geben kann.
Die dunklen Schatten verlangen ihr Pendant in hellen Lichtschächten. Der Hell-Dunkel-Kontrast, Licht und Schatten, werden über den Mengenkontrast zueinander in Einklang gebracht. Man kann sich das wie mit einer Waage vorstellen. Auf der einen Seite die helle, auf der anderen Seite die dunkle Farbe. Das Auswiegen der Farbe ist eine Gefühlssache und entwickelt sich im Laufe der Zeit und Mal-Erfahrung.
Ganz einfach erklärt bedeutet das, wie viele Sterne male ich in den Nachthimmel, damit dieser überzeugend aussieht. Wie hell, wie groß, die Verteilung der Sterne, die Sternkonstellation, erfunden oder real, das alles spielt eine Rolle.
Das Mädchen, das sich im Hintergrund in die Sonne gesetzt hat, gab es im echten Leben nicht. Ich fand, dass so viel Beton und Metall einen lebendigen Gegenpol braucht.
Weitere Brückenbilder
Später entdeckte ich eine Brücke, die neu erbaut wurde. Während der Verkehr noch über die alte Brücke donnerte, entstand daneben das neue Bauwerk.
Die Stahlkonstruktion der neuen Brücke erinnerte sehr an einen Tempel aus der Zeit des antiken Griechenlands. Es hatte etwas von einer modernen Theaterkulisse oder dem Bühnenbild für eine Opernaufführung in Bregenz.
Walls & Bridges
„Mauern und Brücken“, der Titel eines John-Lennon-Albums hatte mit meinem Brückeninteresse zu tun. Brücken wurden ein Thema und ich male aktuell an einer weiteren Brücke, hier die Papierbilder dazu:
Mittlerweile entfalten die Brücken für mich immer mehr eine tiefe Sinnhaftigkeit – als Symbole, die sich immer mehr mit unserer jetzigen Zeit verknüpfen lassen.Wir stecken seit fast zwei Jahren mitten im Corona-Dilemma fest und jede Woche kann man hässliche Szenen miterleben, die vor drei Jahren vermutlich niemand von uns für möglich gehalten hätte. Walls and Bridges gibt einen Hoffnungsschimmer. Brücken führen über Berge, Täler, über Flüsse und kreuzen über Straßen – sie geben Raum für verschiedene Richtungen und Lebensweisen. Brücken werden konstruiert, um Hindernisse zu überwinden.
Der Brückenschlag
eine der wichtigsten “Brücken“, denn dieser führt zu unseren Mitmenschen. Der Brückenschlag steht sinnbildlich für Toleranz, für die Annäherung an eine andere Ansicht, für die Freiheit unseres Seins und Denkens und letztendlich für die Großartigkeit unserer Menschlichkeit. Viele verschiedene Meinungen, kombiniert mit Respekt, Gesprächskultur und der Offenheit des Geistes, können zu fruchtbaren neuen Einsichten führen und damit zu einem lebenswerten Dasein für alle Lebewesen auf unserem Planeten Erde.
Niemand von uns sollte vergessen, wer er ist und wer er sein will. Am Ende - und alles hat einmal ein Ende, sollten wir dem Blick unseres Spiegelbildes standhalten können.
„Hinter jeder Ecke lauern ein paar Richtungen“
Stanislaw Jerzy Lec
Arbeitssituation im Studio.
Papierbilder und eine Leinwandarbeit, 80 x 100 cm
Inhaltlich Verantwortlicher gemäß § 18 Abs. 2 MStV ist,
Gerhard Marquard, Josef-Kloo-Str. 1b, 86899 Landsberg am Lech, Januar 2022
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Ulrike (Samstag, 05 November 2022 16:08)
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