Was ist Urban Sketching?
Urban Sketcher skizzieren die Orte, in denen sie leben oder zu denen sie reisen.
Ihre Zeichnungen und Aquarelle zeigen die Welt aus ihrem eigenen Blickwinkel. Ihre Auf-merksamkeit richtet sich auf Straßenszenen, Menschen in Cafés, im Park oder ihr eigenes Leben im
persönlichen Umfeld.
Urban Sketching ist eine globale Kunst-Bewegung, die sich als weltweiter Bildjournalismus versteht. Im „Ehrenkodex“ der Sketcher heißt es:
„1. Wir zeichnen vor Ort, drinnen oder draußen, nach direkter Beobachtung.“
Die „Sketcher“ könnte man auch als die Veduten- und Genremaler der Gegenwart verstehen.
Woher kommt der Name Urban Sketching?
Urban aus dem lateinischen Urbanus „zur Stadt gehörend, städtisch.
Sketching, englisch für Skizzieren/Entwerfen
Mit Urban ist natürlich jeder bewohnte Ort gemeint, Dorf und Metropole gleichermaßen.
Wie sich aus dem Namen ergibt, sind die Sketcher nicht als Landschaftsmaler zu verstehen. Ein Stadtpark passt besser in ihre Bildwelt.
Das Manifest der Urban Sketcher
1. Wir zeichnen vor Ort, drinnen oder draußen, nach direkter Beobachtung.
2. Unsere Zeichnungen erzählen die Geschichte unserer Umgebung, der Orte, an denen wir leben oder zu denen wir reisen.
3. Unsere Zeichnungen sind eine Aufzeichnung der Zeit und des Ortes.
4. Wir bezeugen unsere Umwelt wahrhaftig.
5. Wir benutzen alle Arten von Medien.
6. Wir unterstützen einander und zeichnen zusammen.
7. Wir veröffentlichen unsere Zeichnungen online.
8. Wir zeigen die Welt, Zeichnung für Zeichnung.
Wer war der Gründer?
Gabriel Campanario hat die Bewegung 2007 in Seattle ins Leben gerufen.
Er arbeitet als Journalist in den USA, daher kommt vermutlich die Leidenschaft für Zeichnungen mit journalistischem Inhalt und der Anspruch des „weltweiten Bildjournalismus“.
Was kann ich unter „weltweitem Bildjournalismus“ verstehen?
Natürlich können wahllos irgendwelche Szenen und Stadtansichten gezeichnet werden, aber würde die Abbildung einen dokumentierenden oder erzählerischen Inhalt haben, wären sie eben interessanter,
s. Manifest 2-4.
Hier ein Beispiel:
Zeichnet der Sketcher irgendein Einfamilienhaus, dann ist das Urban Sketching. Würde er stattdessen ein denkmalgeschütztes Gebäude zeichnen, das nicht instandgehalten wurde und daher irgendwann
einzustürzen droht, dann wäre der dokumentierende Inhalt im Bild festgehalten und das wäre das journalistische Urban Sketching.
S. mein Youtubevideo: Der Seppenhof
Wer ist ein Urban Sketcher?
Alle, die sich dazu berufen fühlen können mitmachen. Es gibt keinen Anspruch an irgendeine künstlerische Qualität der Abbildungen.
Viele Sketcher finden sich unter den Architekten, Grafikern, Malern und Zeichnern, aber Autodidakten und Laien, die Spaß am Malen haben, gehören ebenfalls dazu.
Urban-Sketching-Gruppen
Jeder kann nur für sich alleine zeichnen, aber es gibt in allen größeren Orten Urban-Sketcher-Gruppen, die sich zu bestimmten Zeiten vor abgesprochenen Orten treffen, um dort gemeinsam zu zeichnen.
Urban Sketching & Fotos
Das Foto über den Skizzenbuchrand hinweg Richtung Motiv ist obligatorisch. Es ist nicht nur eine schöne Erinnerung, es dokumentiert den anderen Sketchern, wo man was gezeichnet hat. Außerdem
lässt es keinen Zweifel aufkommen, dass die Skizze direkt vor Ort entstanden ist.
Im Smartphone können die Fotos noch geschnitten und bearbeitet werden, um sie anschließend zu posten.
Posten auf Plattformen im Internet
Das Posten auf den entsprechenden Plattformen im Internet ist das Spannende am Urban Sketching.
Der Sketcher skizziert alleine oder in einer losen Gemeinschaft. Aber im Internet kann er mitverfolgen, wie die Kollegen in Argentinien oder Hong Kong ihr Leben und ihr Umfeld illustrieren.
Welche Kenntnisse braucht der Sketcher?
Perspektive Zeichnen
Ohne Grundkenntnisse im perspektivischen Zeichnen wird im Skizzenbuch kaum ein gerades Haus entstehen.
Die detaillierten Erklärungen in den typischen Perspektivebüchern halte ich oft für praxisfern. Die Häuser stehen an der Straße nur selten so, wie die Erklärungen es in den Büchern
illustrieren.
In der Folge findet sich der Sketcher beim Zeichnen vor den Motiven nicht zurecht, da er das Buchwissen nicht oder kaum anwenden kann. Das raubt oft den Spaß an der Sache. Welcher Lernende denkt
schon daran, dass die Erklärung nicht ausreichend auf die reale Situation eingeht?
Wie lernt man perspektivisches Zeichnen?
Mit gesundem Menschenverstand und Einfühlung.
Zuerst lernt der Sketcher das allgemeine Prinzip des perspektivischen Zeichnens, das ist schnell erklärt. Dann kommt der interessantere Teil, die vereinfachte Lehre bei der Betrachtung eines
realen Gebäudes anzuwenden, um dieses dann, nachdem man eine Vorstellung des Bildes vor Augen hat, auf das Papier zu übertragen. Diese Fähigkeit nennt man imaginieren und sie liegt uns im Blut,
muss aber geübt werden.
Die perspektivische Zeichnung des Urban Sketchers sollte die Fantasie des Betrachters so anregen, dass dieser die künstlerischen Lücken beim Anschauen in seiner Vorstellung schließt. Wäre sie
technisch korrekt, aber künstlerisch langweilig gezeichnet, würden sich Neugierige nur schwer finden lassen.
Ein gewisses Maß an abstraktem Denken, die Fähigkeit zur Imagination, zeichnerisches Bewusstsein und das Gefühl, alle „Fäden“ im richtigen Moment zusammenzuführen, sind wichtiger als eine
kleinteilige, korrekte, dafür aber uninteressante Zeichnung. „Mut zur Lücke“ umschreibt diese Fähigkeit gut.
Das klingt alles üppiger und schwieriger, als es ist. Wir sind Menschen, keine Taschenrechner, daher sind wir in der Lage, viele Fäden mit dem Gefühl und der Fantasie zusammenzuführen.
Zeichnen
Das Abzeichnen ist natürlich die hervorstechende Eigenschaft des Sketchers. Die Zeichentechniken umfassen die Erfahrung im Umgang mit den unterschiedlichen Stiften, deren Wirkungsweise und welche
Technik eine Szene ins beste Licht rückt.
Das klingt jetzt alles nach einem Jahresprogramm, aber die Grundlagen hat man schnell gelernt.
Aquarell
Die Urban Sketchings werden oft koloriert, meistens mit Aquarellfarben.
Man muss kein Meistermaler der Aquarellmalerei sein, um die Skizzen farbig zu fassen.
Urban Sketching – der künstlerische Zehnkampf
Urban Sketching stellt viele Ansprüche an den Zeichner, aber, ähnlich wie im Zehnkampf, muss man nicht der Champion jeder einzelnen Disziplin sein. Mit einem Grundwissen im Zeichnen, Aquarellmalen und dem Perspektivezeichnen kommt man sehr weit.
Meine Playlist zu Urban Sketching
Auf meinem Youtubekanal zeige ich ein Video, das eine einfache Methode vorstellt, um ein grundlegendes Verständnis für die Perspektive an Gebäuden zu erlangen.
Durch Anklicken eines der hier vorgestellten Videos gelangst du zu meiner Urban-Sketching-Playlist. Dort findest du Tipps und Eindrücke zu Urban Sketching & Reiseskizzen.
Mindset oder die Kopfsache in der Kunst
Bringe dein Anspruchsdenken in vernünftige und realisierbare Bahnen.
Zeichne, schmiere und male. Fetze die ersten 200 Abbildungen geradezu rücksichtslos auf die Blätter, egal wie diese danach aussehen, es sind nur Übungsblätter. Mache jeden künstlerischen Unsinn
damit, der dir einfällt.
Wir leben in einer Gesellschaft, die Fehler vermeiden möchte, um möglichst schnell perfekte Ergebnisse zu erreichen. Das ist Quatsch.
Du könntest auch möglichst schnell alle Fehler die dir einfallen zeichnen, dann reflektieren, was verbessert werden kann, überarbeiten und dann von der Erfahrung profitieren.
Material für das Urban Sketching
Als Grundausstattung halte ich einen Füller und einen Pinsel oder Wassertankpinsel für praktisch, dazu ein kleines Skizzenbuch. Hier findest du ein Beispielvideo dazu, klicke hier.
Ein Aquarellkasten, zusammen mit Finelinern, Buntstiften usw. bringen Farbe in die Zeichnungen. Ein Hocker, ein Wasserglas, ein Klemmbrett, einige Gummiringe und Klammern, um die Skizzenbuchseite
zu fixieren.
Materialempfehlung
Füller oder wasservermalbare Fineliner
Wassertankpinsel
Bleistifte, B3 & B8
Wasserfeste
Knetgummi
Skizzenbuch, z.B. A5 Querformat
Aquarellfarben & Aquarellpinsel (Pinsel, die am Stiel teilbar sind, es gibt Reise-Aquarellkästen, die etwas größer als eine Zündholzschachtel sind)
Klammern (Klammern um die Skizzenbuchseiten oder den Farbkasten am Klemmbrett zu fixieren ...)
Klemmbrett als Unterlage
Hocker (darauf achten, dass er nicht zu hoch ist. Das Wasserglas steht am Boden und muss bequem erreichbar bleiben)
Umhängetasche – ich mag Umhängetaschen lieber als Rucksäcke. An heißen Tagen schwitzt man unter dem Rucksack.
Warum ein kleines Skizzenbuch?
Mit einem unhandlichen Skizzenbuch, das nach einer Viertelstunde schwer in der Armbeuge liegt, möchte man schnell fertig werden, schneller, als es der Bildwerdung guttut. Die Folge ist, dass sich
Flüchtigkeitsfehler einschleichen können bzw. der Zeichner unter seinen Möglichkeiten bleibt.
Skizzenbücher gibt es für Trocken- und Nasstechniken. Hier musst du experimentieren, welches Skizzenbuch und welche Papierqualität gut zu deinem Stil passen. Ein Skizzenbuch kann natürlich durch
kleinere Aquarellblöcke ergänzt werden.
Die Zeit beim Malen und Zeichnen im Freien
Die Konzentration lässt nach und nach beim Skizzieren nach. Beim Zeichnen im öffentlichen Raum wird man stark abgelenkt. Durch Menschen, die auf der Straße laufen, Licht und Schattensituationen,
Geräusche und nicht zuletzt wackelt das Skizzenbuch auf den Beinen und der Hintern tut auf dem unbequemen Hocker weh.
Wo immer es geht, versuche ich mir die Orte zu merken, an denen ich malen möchte, und fahre dann ausgeruht dorthin. So hält die Konzentration länger.
Hast du einen langen Fußmarsch vor dir, dann kostet dieser ebenfalls Energie, was auch zu berücksichtigen ist.
Eine Flasche Wasser mit etwas Proviant kann eine Wohltat sein und kommt der Energie zugute, dazu im Sommer eine Baseballmütze, Sonnenbrille und Sonnencreme.
Welche Kurse sind empfehlenswert?
Perspektivisches Zeichnen
Menschen zeichnen
Malen mit Wasserfarben
Skizzieren & Zeichnen lernen
Bad Heilbrunn im Blauen Land
Bad Heilbrunn im Blauen Land liegt ca. 8 km westlich von Bad Tölz, direkt am Fuße der Alpen. Hier in der Nähe haben Franz Marc, Gabriele Münter und Wassily Kandinsky gelebt und gemalt.
Der denkmalgeschützte Seppenhof in Bad Heilbrunn
Die ersten Mauern dieses Bauernhofes wurden zwischen 1650 und 1700 errichtet.
Sieht man das Gebäude, kann man sich schnell vorstellen, wie ansprechend der Hof in früheren Zeiten einmal gewesen sein muss. Mit den im Oberland charakteristischen Geranien, üppig an den Balkons
der Bauernhäuser arrangiert, war dieser Hof bestimmt ein Hingucker. Heute, vermutlich unbewohnt und der Vergänglichkeit preisgegeben, lässt es sich nur erahnen, wie prächtig er einmal war.
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Warum ich für die Erstellung meiner Videos u.a. von Fotos abmale.
Als Urban Sketcher sollte ich immer direkt vor Ort und vor dem Motiv zeichnen oder malen. Videos, die dies zeigen, kann man auf meinem Kanal sehen, aber gerne ergänze ich sie mit Studioaufnahmen,
die die Bildentstehung verständlich machen.
Das Filmen ist im Freien aufwendiger als im Studio. Das beginnt mit dem Sonnenlicht, das auf dem Zeichenblatt blendet oder der Schatten der Hand, der auf dem Blatt verbirgt, was ich eigentlich
zeigen möchte.
Das Stativ muss nahe am Körper sein, damit die Kamera den Zeichenprozess zeigt. Das führt oft zu einer ungünstigen Körperhaltung, aus der heraus ich nicht entspannt zeichnen kann. Eine
Studioaufnahme ist daher einfacher und für den Zuschauer vorteilhafter.
Auch Aufnahmen zu Bergsteiger-Spielfilmen werden nur teilweise in den Bergen gefilmt. Viele Szenen sind Studioaufnahmen, da die Kameraeinstellung dort exakt gewählt und die Beleuchtung der Szene
entsprechend eingestellt werden kann.
Wind und Schnee würden den Dreh oft unmöglich machen und dem Equipment schaden. Außerdem schafft man ein komplettes Filmteam nicht immer auf 4000 Meter Höhe ohne großen Aufwand und erhebliche
Kosten.
Inhaltlich Verantwortlicher gemäß § 18 Abs. 2 MStV ist,
© Gerhard Marquard, Josef-Kloo-Str. 1 B, 86899 Landsberg am Lech, 1. Januar 2024
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Ulli Stoe (Montag, 01 Januar 2024 12:58)
Dieser Blogartikel ist ungeheuer anregend und liebevoll gestaltet, informativ und ansprechend. Ich habe ihn mit Interesse gelesen.
Gerhard (Montag, 01 Januar 2024 13:35)
Herzlichen Dank Ulli. Ein gutes neues Jahr wünscht Dir, Gerhard